Erschrockene Urlauber wähnen sich im Wilden Westen. Wie weiland Wotans Wilde Jagd donnern Rösser über das Land: schwere Ackergäule, mit denen die Bauern durch das Delta der Rhone jagen. Zu Ehren ihres Schutzpatrons, des heiligen Eligius, geht es im Galopp durch die Gassen – von Juni bis August fast jeden Sonntag in einem anderen Dorf.
Schon früh morgens striegeln die Bauern ihre Pferde, schmücken sie mit Schellen, Federn, Spiegeln und Fähnchen. Aus lahmen Ackergäulen werden so langsam stolze Rösser. Andere werkeln an einem Wagen, zieren ihn mit Obst und Gemüse oder frischem Grün. „Caretto ramado“ nennen die Einheimischen die Gefährte – zweirädrige Karren, die sie zu Ehren des Heiligen durch die Dörfer jagen.
Zuvor aber werden Karren und Rösser gesegnet. Nach dem Gottesdienst verteilt der Priester geweihtes Brot. Sichtlich stolz heftet mancher Fuhrmann das Backwerk seinem Vierbeiner an – als Ansporn für den Wettlauf, zu dem alle Pferde schließlich Aufstellung nehmen. Wenig später rasen Mensch und Tier dann los, hasten durch die Straßen, als jage sie der Teufel.
Meist Glück gehabt
Atemlos rennen die Bauern neben ihren Rössern her, versuchen im Laufschritt, den Tross zu lenken, der scheinbar ziellos durch die staubigen Gassen jagt. „Die Direktion“, heißt es nüchtern im Festprogramm, „haftet nicht bei Unfällen.“ Bislang haben die Handvoll Bruderschaften, die die Rennen im Süden Frankreichs organisieren, meist Glück gehabt.
„Fédération Alpilles Durance“ nennt sich ihr Dachverband, der neben den Feiern für den heiligen Eligius auch die für den heiligen Rochus koordiniert. Dazu kommt eine Reihe weltlicher Feste, die ebenfalls provenzalische Traditionen pflegen: Spiele wie Boule oder Petanque etwa. Und auch Stierkämpfe stehen auf dem Programm – freilich keine blutigen Metzeleien wie in Spanien. In Südfrankreichs Dörfern erinnert der Kampf mit dem Stier eher an Mutproben der Dorfjugend.